Westkanada

Schwarzbären sind auf Vancouver Island sehr häufig.

Wenn ich an Vancouver Island an der Westküste Kanadas denke, fallen mir zuerst Bären, Lachse und die unendlichen Wälder ein. Genau diese drei Schlagworte sollten dann auch unseren fünfwöchigen Aufenthalt zwischen der Hauptstadt Victoria und Port Hardy im Norden beherrschen. Nicht mit dem Wohnmobil, sondern per Zelt, Geländewagen und vor allen Dingen auf Schusters Rappen ließen wir die Abenteuer, die die kanadische Wildnis bot, auf uns wirken. Verblüffende Tierbegegnungen zum Schmunzeln, nette Erlebnisse mit Einheimischen und einige zum Teil kuriose Ideen von „Anders-Reisenden“ sind einmal mehr das Salz in unserer Reisesuppe gewesen.

Eine aberteuerliche Reise durch de Inselwelt von Vancouver Island lag vor uns.

Landung in Vancouver

Mit der Fluglinie Air Transat ging es in rund 10 Stunden von Frankfurt nach Vancouver.

Unser Flieger landet in Vancouver. Schon in Deutschland hatten wir einen Mietwagen reserviert, dieser entpuppt sich als Jeep Cherokee. Auf dem großen Parkplatz gleich neben dem Airport baut Horst unser mitgebrachtes Navi ein. Ich versuche inzwischen Sack und Pack (im wahrsten Sinne des Wortes, wir haben ja unsere gesamte Campingausrüstung dabei) einigermaßen sinnvoll im Auto zu verstauen. Da fällt mein Blick aus der Hocke heraus auf vier blank geputzte Stiefel. Darüber Uniform. Zwei waschechte Sheriffs erkundigen sich streng nach unserem Tun. Unsere Erklärungen lassen die beiden sofort zu Fremdenführern werden. Mit vielen guten Tipps und einem kräftigen Händedruck gehen wir nach einer Viertelstunde lächelnd auseinander.

Ankunft in Vancouver

Fährfahrt nach Vancouver Island

Eine Fähre bringt uns von Vancouver zur Insel Vancouver Island.



Am Fährhafen von Tsawassen haben sich offensichtlich heute alle Schulkinder Vancouvers versammelt. Ausflugstag in die Hauptstadt British Columbias nach Victoria steht wohl auf dem Stundenplan. Eigentlich hatten wir vor, für unsere Insel-Tour über Vancouver Island ein Kombi-Fährticket zu kaufen. Laut Reiseführer soll das nämlich wesentlich günstiger sein. In dem Gewusel den richtigen Schalter zu finden scheint allerdings unmöglich. Irgendwann sehen wir die Uniform eines Mitarbeiters von BC-Ferries. Sofort nimmt dieser sich Zeit für unser Anliegen und begleitet uns zu einem Büro der Gesellschaft. Auch hier wieder ein nettes Gespräch mit vielen Reisetipps. Die Kanadier sind sehr stolz auf ihr schönes Land. Bewaffnet mit unseren Fahrkarten rollen wir schließlich an Bord. Ein gutes Gefühl, so nett empfangen worden zu sein.

Urlaubsfeeling auf der Fähre.

Obwohl es morgens früh noch sehr diesig ist, hat sich mittlerweile das Wetter aufgeklärt, strahlender Sonnenschein mit Temperaturen um die 30 Grad werden uns bis in den Norden Vancouver Islands begleiten. Aufgereiht, wie auf einer Perlenschnur, sitzen alle Fahrgäste an Deck auf den Kisten mit Schwimmwesten und Rettungsmitteln. Nase in die Sonne und Wohlfühlen ist die Devise. Hin und wieder taucht eine Schule Orcas neben dem Schiff auf. Unzählige kleine Inseln versperren den Blick zum Horizont. Traumlandschaft bei Traumwetter.

Auf dem Weg zur Insel Vancouver Island

Victoria, die Hauptstadt von British Columbia

In der Altstadt von Victoria

Victoria ist die Hauptstadt der kanadischen Provinz British Columbia. Sie liegt am Südzipfel von Vancouver Island und hat ihren Ursprung in einem 1843 errichteten Handelsposten der Hudson’s Bay Company. Der Name geht auf die britische Königin Victoria zurück. Unter dem Namen Fort Victoria wurde die Stadt zum Zentrum des Pelzhandels in den westlichen Gebieten Kanadas. Aus dem zentralen Handelsposten entwickelte sich die Hauptstadt der britischen Kronkolonie Vancouver Island, dann der Vereinigten Kolonien von Vancouver Island und British Columbia und schließlich der gleichnamigen kanadischen Provinz.

Die Kernstadt Victorias (Downtown) liegt an einer kleinen Bucht auf der dem Pazifik abgewandten Südostseite von Vancouver Island. Die Innenstadt (Downtown) mit Fußgängerzone, Lokalen und Geschäften befindet sich östlich des Upper Harbour und des Inner Harbour, Sehenswürdigkeiten wie die Parlamentsgebäude und das Fairmont Empress Hotel befinden sich dort. Downtown steht überwiegend unter Denkmalschutz, vor allem die vor 1945 errichteten Gebäude. Aus den ehemaligen Lagerhäusern, Büros, Bars, Bordellen und Hotels sind, ebenso wie aus den Barackensiedlungen der Frühzeit Restaurants, Geschäfte, Pubs und Kunstgalerien geworden. Im ehemaligen Gebäude des Provinzgerichts war lange das Maritime Museum of British Columbia untergebracht. Der Gerichtssaal von 1889 ist vollständig erhalten, das Gebäude wurde 1981 zur National Historic Site of Canada erklärt.

Downtown Victoria

Eis für unsere improvisierte Kühlbox gibt es an jeder Tankstelle.




In Victoria angekommen geht es erst einmal zum Einkaufen. Proviant für mindestens fünf Tage benötigen wir. Dazu Gaskartuschen für unseren Primus-Kocher. Aus leidvoller Erfahrung wissen wir bereits von früheren Kanadareisen, dass Schraubkartuschen kaum oder nur sehr teuer in Outdoor-Fachgeschäften zu bekommen sind. Also ab in den „Canadian Tire“. In dieser Baumarktkette gibt es Gaskartuschen für Lötbrenner. Und die passen auch für die üblichen Kocher mit Schraubgewinde. Dann noch einen Styroporkarton als Kühlboxersatz und schon sind wir reisefertig.

Einkauf in Victoria

Holzwirtschaft

Riesige Holzlaster auf allen Straßen


Kaum verlässt man Victoria, wird die Landstraße leer und der Wald rückt immer näher. Da wir mit Allrad ausgerüstet sind und unser Navi exakt die Straßen und Wege anzeigt, wagen wir uns auch immer häufiger auf die Pisten der Holzeinschlagfirmen. Meistens führen diese parallel zur Hauptstraße. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn so ein vollbeladener Riesenbrummi an einem vorbei donnert. Eben eine Begegnung der besonderen Art. Bei dem Gewicht und dem Tempo ist den Fahrern Bremsen einfach unmöglich. Und ganz ungefährlich ist es natürlich auch nicht. Die Piste ist knapp einspurig, nur wenige Ausweichstellen ermöglichen es, die Ungetüme gefahrlos passieren zu lassen. Nicht umsonst gibt es für diese „Logging Areas“ spezielle Funkfrequenzen, die die Einheimischen auch regelmäßig in ihren Autos abhören. Die Fahrer der Holzlaster geben ständig ihre Routenpositionen durch, sodass die entgegenkommenden Autofahrer sich rechtzeitig einen Ausweichplatz suchen können.

Riesige Holztrucks mit viel Speed auf einspurigen Straßen...

Camping vom Feinsten

Campground auf Vancouver Island


Abends suchen wir uns unser Lager auf den Campingplätzen der verschiedensten National- oder Provincialparks. Schon an der Hauptstraße waren uns die charakteristischen Warnschilder der Forstbehörde aufgefallen. Mit einem verschiebbaren Pfeil wird damit die Brandgefahr für das jeweilige Gebiet angezeigt. Obwohl durch die ungewöhnliche Sommerhitze die höchste Stufe ausgerufen war, gibt es auf jedem Campground (auch im Wald!) eine Feuerstelle und ausreichend Feuerholz für das abendliche Lagerfeuer. Der Warden bringt uns das Holz sogar vorbei. Es ist schon etwas Besonderes, abends am eigenen Feuer zu sitzen und ein Sirlon-Steak oder ein Lachsfilet zu grillen.

Feuergefahr

Im Bärenland

Sogar auf den Campingplätzen kann man auf Bären treffen.

Wenn da nicht die Bären wären. Schon vor unserer Reise nach Vancouver Island habe ich viel über Bären und ihr Verhalten gelesen. So soll zum Beispiel eine Trillerpfeife um den Hals und regelmäßig genutzt, die brummigen Gesellen rechtzeitig vor uns Menschen warnen. Hörte sich erst einmal logisch und praktisch an. Nur mein lieber Horst konnte das Spotten nicht lassen. „Hast du auch deine Pfeife dabei“, „willst du nicht Mal wieder deine Bärentöne von dir geben“ hörte ich immer wieder. Und dann erwischte es ihn als Ersten. Beim abendlichen Toilettengang (Provinzialpark, drei in Reihe geschaltete Plumpsklos) begegnete Horst seinem ersten Schwarzbären. Beim Verlassen des mit Herzchen geschmückten Etablissements schaut er dem Bären direkt ins Auge. Nur fünf Meter entfernt. Ganz neugierig beobachtete Meister Petz den komischen Menschen. Und ich schaute vom Zelt aus zu und konnte gar nichts machen. Ich weiß nicht, wer von beiden erschrockener war. Mein lieber Mann jedenfalls brüllte den Bären plötzlich an: „Verschwinde, hau endlich ab“. Vielleicht war der Bär erschrocken oder er sagte sich, dass der Klügere nachgibt. Jedenfalls trollte sich Meister Petz mit Kopfschütteln in den Wald und ward nicht mehr gesehen. Eine Begegnung, die uns zu denken gab.

Und der Schwarzbär wartete schon.

Verhaltensregeln

Natürlich ist es wichtig, die Verhaltensmaßregeln im Bärenland zu kennen und auch einzuhalten. Lebensmittel müssen immer gut verschlossen und am besten im Auto gelagert werden. Kein bisschen „Duftendes“ - also auch keine Süßigkeiten, Zahnpasta oder Seife haben im Zelt etwas zu suchen. Wenn man diese wichtigste Regel einhält, gibt es auch keine Probleme. Wir haben auf dieser Reise zwanzig Mal im Bärengebiet im Zelt geschlafen und hatten nicht ein einziges Mal Bärenbesuch. Allerdings konnte man auf manchen Plätzen morgens im Waschraum die kuriosesten Geschichten hören. So hatte ein Bär das gesamte Grillmenü einer fünfköpfigen Familie als willkommenes Abendbrot verspeist und weiter im Norden der Insel ist Meister Petz sogar über eine Zeltabspannung gestolpert.

Alle Lebensmittel und Duschutensilien müssen abends im Auto verschlossen werden.

Unverhofft kommt oft.

Auch Schwarzbärbabies können sehr gut klettern.

Am nächsten Tag dann meine erste Bärenbegegnung. Auf einem einsamen Waldweg ging ich ein Stückchen auf das Dickicht zu, um einige Pflanzen zu fotografieren. Natürlich dachte ich im Eifer des Gefechts nicht an meine Pfeife. Und plötzlich richtet sich Mutter Schwarzbär vor mir auf. Ganz langsam zog ich mich zurück und versuchte, sie nicht zu reizen oder zu stören.

Nach kurzer Irritation graste die Bärin seelenruhig weiter. Klee hieß das Zauberwort. Wie eine Kuh auf der Weide schmatzte sie sich durch das Grünfutter. Auch durch das Klicken meines Fotoapparates ließ sie sich nicht mehr stören.

Plötzlich richtet sie sich auf die Hinterbeine auf, ihre Körpersprache droht mir ganz offensichtlich. Dann sehe ich auch den Grund. Von drei Bäumen lassen sich wie an einer Schnur drei richtige knuddelige Teddybärenkinder herab. Ihnen war wohl Mamas Fressorgie zu langweilig geworden. Für mich hieß das „Rückzug“. Und zwar so schnell wie möglich. Ab ins Auto und weiter ging die Fahrt. Wieder eine Begegnung der besonderen Art.

Seelenruhig graste die Bärin vor meinen Augen.

Der kleine Ort Duncan

Duncan - Stadt der Totempfähle


Auf unserem Weg zum Lake Cowichan passieren wir Duncan. Bekannt ist dieser kleine Ort als Stadt der Totempfähle. Als die Sägemühle als größter Arbeitgeber schließen musste und die Bewohnerzahl des Ortes immer weiter abnahm, hatten die Stadtväter Duncans die zündende Idee. Vielleicht schaute man auch auf den Erfolg des benachbarten Örtchens Chemainus mit seinen Touristen bringenden Wandmalereien. Jedenfalls gab man bei den ortsansässigen Cowichan-Indianern Totempfähle in Auftrag. Seit 1985 wurden mittlerweile rund 50 Totems im Stadtgebiet aufgestellt. Da geht jedes Touristen-Wohnmobil und jeder Mietwagen in die Bremsen. Auf solche authentischen Fotomotive hat man gewartet. Klar, dass alle Restaurants und Imbissstationen bestens auf die Gäste aus USA und Übersee eingestellt sind. Die Pflege und Restaurierung der Zeugen indianischer Kultur und Vergangenheit gibt zudem jungen Indianern Lohn und Brot.

Rund 50 Totempfähle kann man in Duncan bewundern.

Native Heritage Center des Cowichan-Stammes


Lohnend ist auch ein Besuch im Native Heritage Center des Cowichan-Stammes direkt am Cowichan River. Volkstum, Kunsthandwerk, Musik und Tanz werden hier vorgeführt und im Kulturzentrum auch gelebt. Ein kleines Restaurant bietet Lachs aus dem Fluss in verschiedenen einheimischen Zubereitungsformen. Besonders gut gefallen hat mir der Garten mit verschiedenen Heilkräutern. Alle lateinischen Namen und auch die Bezeichnungen der Cowinan für die Pflanzen sind auf kleinen Schildchen zu erfahren. Dazu gibt es detaillierte, heilkundige Anwendungsbeispiele.

Zu Besuch im Native Heritage Center

Tofino

Bei einem Besuch Vancouver Islands darf der legendäre Ort Tofino nicht fehlen. Noch in den 60er Jahren galt das kleine Städtchen an der Pazifikküste als Geheimtipp der Hippies. Heute ist Tofino erwachsen geworden. Weltweit bekannt sind die Whalewatching-Touren, die verschiedene Anbieter offerieren. Ob per Zodiac mit röhrenden Superspeed-Motoren oder etwas gemütlicher im gläsernen Ausflugsboot, eines ist allen Touren gemeinsam: Mit fast 100prozentiger Erfolgsquote lassen sich hier im Sommer Grauwale und Orcas beobachten. Auch Frank Schätzing hat in seinem Thriller „Der Schwarm“ über Tofino und den Walbeobachtungstourismus geschrieben. Es ist schon eine besondere Begegnung, wenn man ungeschützt im Gummiboot sitzt und direkt vor dem Bug eine Grauwalkuh mit ihrem Kalb auftaucht. Erstaunlicherweise lassen sich die Tiere keinesfalls vom hektischen Klicken der Fotoapparate von dem abbringen, weswegen sie hier in der Bucht weilen. Sie grasen gemütlich den Meeresboden ab. Eine Begegnung, die nachdenklich macht.

Beeindruckend nah kam uns die Grauwalkuh mit ihrem Baby.

Obwohl touristisch ziemlich überlaufen, lohnt der Abstecher nach Tofino auf jeden Fall. Denn hier liegt ja auch der Pacific Rim Nationalpark auf der Strecke. Neben den Touristen-Wohnmobilen von „Canada-Dream“ sieht man hier auch häufig rollende Eigenheime mit US-Kennzeichen. Kurioserweise haben viele der spritfressenden Festungen an einer Spezialkupplung noch einen PKW angehängt – wahrscheinlich morgens zum Brötchenholen. Und da man ja außerdem sportlich ist, schaut oft auch noch ein Fahrrad aus dem Kofferraum. Ganz das Gegenteil trafen wir an einer Tankstelle. Hinter dem Motorrad des netten Mannes hing ein praktischer Miniklappwohnwagen. Da aber kein echter Kanadier ohne Kühlbox und Barbecue in die Ferien fährt, waren diese Utensilien gut sichtbar auf dem Hänger festgeschnallt.

Im Pacific Rim Nationalpark

Am Pacific Rim Nationalpark


Der Pacific-Rim-Nationalpark an der Westküste von Vancouver Island ist einer der jüngeren Nationalparks in der kanadische Provinz British Columbia. Der insgesamt 511 Quadratkilometer große Park wurde 1970 gegründet und erst im Februar 2001 zum Nationalpark ernannt. Der dreigeteilte Pacific-Rim-Nationalpark besteht aus Long Beach, Broken Island und dem West Coast Trail. Aufgrund des ganzjährig milden Klimas und der großen Niederschlagsmengen verfügt der Park, der jährlich fast eine Million Besucher anzieht, über eine reichhaltige Pflanzen- und Tierwelt. Aufgrund des ganz besonderen Klimas ist im Verlauf der Jahre ein natürlicher und dichter Regenwald entstanden, in dem vor allem riesige bis zu 95 Meter hohe Sitka-Fichten beeindruckend herausstehen.
Vor der Pazifikküste können vor allem im März und im Oktober Grauwale auf ihrem Zug in ihre Sommer- und Winter-Quartiere beobachtet werden. In den vielen romantischen Buchten leben zudem zahlreiche Große Schwertwale. Die meisten Besucher des Pacific-Rim-Nationalparks zieht es nach Long Beach – einem kilometerlangen Sandstrand mit einem landschaftlich beeindruckenden Hinterland.

Vor wenigen Jahrzehnten hatte der Strand von Long Beach noch nicht die jetzige goldbraune Farbe. Durch die Mischung mit dem Kalk zermahlener Muscheln war er fast weiß. Park-Ranger schätzen, dass rund sieben Tonnen Muscheln jährlich von den rund 300.000 Besuchern des Strandes als Souvenir aufgesammelt werden. In den abgeschiedenen Buchten sind die Strände dagegen noch rein weiß.

Am Strand von Tofino



Tief beeindruckt waren wir vom „Rain Forest Trail“. In diesem noch ursprünglichen Regenwald wachsen mächtige, 800 Jahre alte Riesenlebensbäume (Red Cedars). Von den Tannen wuchern als hängende Gärten Farne, Flechten und Moose herab, ein ewiges Mosaik aus Grünschattierungen. Der enge Trail windet sich immer wieder an abgestorbenen Baumstümpfen vorbei, die in ihrer Verwitterung bereits wieder neuen Bäumen eine Lebensgrundlage bieten.

Auf dem Rain Forest Trail

Was sind eigentlich Bananenschnecken?

Eine Bananenschnecke als Unruhestifter

Ein hübscher Campingplatz in unmittelbarer Nähe des Regenwaldes nimmt uns und unser Zelt am Abend auf. Hier sehen wir auch zum ersten Mal Bananenschnecken. Diese weltweit zweitgrößte Schneckenart fühlt sich hier im feuchten Wald besonders wohl.

Am Abend sahen wir Tim, den kleinen Sohn unserer Campingplatznachbarn mit einem Eimerchen auf Schneckenjagd gehen. Dass er wohl unbemerkt seine Beute mit in den Wohnwagen nahm, konnten wir am nächsten Morgen lautstark mit anhören. Die braun-beigen Schleimlinge hatten sich wohl über Nacht aus ihrem Gefängnis befreit und waren im gesamten Wohnbereich umhergekrochen. Muttern zeterte ordentlich. Eine Begegnung zum Schmunzeln.

Wieder einmal ein schöner Platz mitten im Wald.

Auf dem Juan de Fuca Marine Trail

Der Juan de Fuca Marine Trail ist auch bei Einheimischen sehr beliebt.


Nach dem „wilden“ West Coast Trail stellte für uns der Juan de Fuca Marine Trail keine besondere Herausforderung dar. Der rund 47 Kilometer lange Küstenpfad ist äußerst abwechslungsreich und führt durch die Botanical Bay und teils durch dichten Regenwald. Nur die ersten zwei Kilometer von China Beach zur Mystic Beach sind ausgebaut.

Da viele Kanadier große Wanderfreunde sind, trifft man hier vor allen Dingen auch einheimische Naturfreunde. Nicht selten begegneten uns Senioren über 70 mit vollbepackten Rucksäcken.

Die Botany Bay ist ein Abenteuerspielplatz

Auf nach Campell River

So nett ist kein Verkehrsschild!


Schon weit im Norden der Insel liegt der 30000 Einwohnerort Campbell River. Jetzt im Sommer ein Mekka der Lachsfischer. Die Lachse müssen, bevor sie in den Flüssen zum Laichen aufwärts ziehen, ja erst einmal eine gewisse Akklimatisation vom Seewasser zum Süßwasser durchmachen. Also stehen sie vor den Flussmündungen zu Tausenden und lassen sich relativ leicht fangen. Die Attraktion für Angler ist die sogenannte „Discovery-Pier“, die zweihundert Meter in die Discovery-Passage hineinragt und beste Bedingungen zum Lachsfang bietet. Modern ist auch die Touristinfo der Stadt. Kleine Sitzbänke im Foyer sind mit Stromanschluss für Laptops eingerichtet. Das Wlan-Netz war kostenlos. Die netten Mitarbeiter raten uns, unbedingt den Strathcona Nationalpark aufzusuchen.

Das Mekka der Lachsfischer

Grizzly Bär im Baum

Grizzlys können sehr gut klettern.


Dieser Provincial-Park ist nur von Campbell River aus zu erreichen und besteht aus einer rund 2500 Quadratkilometer großen Gebirgswildnis. Wieder finden wir im Ralph River Campground ideale Bedingungen für unser Zelt und unser Wohlbefinden vor. Hier bekommen wir auch den entscheidenden Tipp zur Beobachtung von Grizzly-Bären. Wir haben Glück. Auf unserer Tageswanderung durch die wilde Bergwelt finden wir den von den Rangern beschriebenen Abhang und warten geduldig bis zum späten Nachmittag. Und wirklich, es funktioniert. Ein ausgewachsener Bär strolcht durch das Gebüsch und kommt für meine Kamera in Schussweite. Plötzlich springt der Grizzly – wir konnten es kaum glauben – in den nächsten Baum. Behände hangelt sich das mächtige Tier nach oben. Blätterrauschen. In der Baumspitze findet der Feinschmecker dann das, was er wohl suchte: zarte Blätter und saftige Triebe. Mir soll noch einmal jemand erzählen, vor einem Grizzly könne man sich auf einen Baum retten. Fehlanzeige…

Ein ausgewachsener Grizzly beim Grasen.

Regenwald kontra Holzindustrie

Horst an der großen Säge...

Noch immer sind es rund 250 Kilometer bis zu unserem nördlichsten Punkt in Port Hardy. Die touristische Infrastruktur wird dünner, gut so! Die Straße verlässt hier den Küstenbereich und verläuft durch eine gleichförmige Waldlandschaft. Hier, wo kaum Touristen hinkommen, nehmen die Kahlschläge der Holzindustrie zu. Abseits der Hauptstraße treffen wir zwei nette Einheimische Holzfäller, die uns auf unserer Karte die zurzeit größten Logging-Areas zeigen.

Von der Bedrohung der tropischen Regenwälder ist mittlerweile weltweit die Rede. Dass es aber auch auf Vancouver Island und an der Küste von British Columbia noch ausgedehnte temperierte Regenwälder gibt, ist kaum bekannt. Diese sind akut in ihrer Existenz gefährdet. Mächtige Holzkonzerne, die bereits über 50 Prozent des kanadischen Regenwaldes abgeholzt haben, rücken den Jahrhunderte alten Baumbeständen immer intensiver zu Leibe.

Port Hardy ist Umkehrpunkt für uns. Hier legt jeden zweiten Tag die Fähre nach Prince Rupert ab. Wir hatten uns bereits vor unserem Urlaub entschieden, die gesamte Zeit auf Vancouver Island zu verbringen. Also haben wir ausreichend Gelegenheit, hier im Norden ein wenig Lokalkolorit zu schnuppern. Eine kleine Sägemühle der Black Bear Enterprises LTD steht am Weg. Horst steigt sofort aus und fragt einen der Männer, ob man das Werk besichtigen darf. Wieder Freundlichkeit pur! Chef Russel Erland persönlich führt uns durch die Sägehalle. Zum Schluss bestehen die Arbeiter darauf, dass sich Horst zusammen mit einer Monsterkettensäge und Russel vor einem riesigen Zedernstamm von mir fotografieren lässt.

Holzindustrie

Ausklang in Vancouver

Zurück in Vancouver


Unsere Urlaubstage lassen wir in Vancouver ausklingen. Besonders der Stanley Park hat es uns angetan. Ich glaube, dieses über 400 Hektar große grüne Herz der Megastadt macht Vancouver so lebenswert. Ursprüngliche Wälder mit riesigen Douglasfichten und Hemlocktannen, mit verschlungenen Wander- und Fahrradwegen bilden den größten Stadtpark Nordamerikas. Um die Halbinsel herum führt eine zwölf Kilometer lange Uferstraße mit herrlichem Ausblick auf die Skyline der Stadt. Bei Brockton Point steht eine Gruppe von bunten Totempfählen, die immer wieder zur Fotokulisse werden. Aber nicht nur bei den Touristen. Auch einheimische Schulklassen geben sich hier ein Stelldichein, um ihren Jahresabschluss zu feiern. Jedes Brautpaar aus Vancouver kommt für ein Erinnerungsfoto hierher.

Besonders empfehlenswert ist auch das Vancouver Aquarium mitten im Stanley-Park. Angetan haben es mir die beiden Beluga-Wale. Weiß, geheimnisvoll und aufmerksam drehen sie ihre Runden im Becken. Auch unter Wasser kann man sie beobachten. Ein kleiner Junge steht plötzlich völlig selbstvergessen vor der großen Scheibe. Und sein Interesse wurde erwidert. Einer der weißen Wale stoppte seine Runde und beobachtet das Kind. Beide schauten sich minutenlang an. Eine besondere Begegnung.

Der letzte Abend...

Horst mit "seinem" Riesenkrebs


Unser letzter Abend in Kanada hat begonnen. Schon auf Vancouver Island hat Horst immer wieder gesehen, wie mit kleinen Korbfallen große Krebse an den verschiedenen Piers gefangen wurden. Scheint hier eine Delikatesse zu sein, haben wir uns gedacht. Heute wollen wir sie als Krönung unsere Reise probieren. Da kommt uns das „Crab-House“ in Richmond gerade recht. Alle Tische sind bereits von chinesischen Familien besetzt. Es wird zusammengerückt und wir können die Speisekarte begutachten. Horst bestellt sich voller Erwartung einen ganzen Krebs. Die nette Bedienung nimmt ihn mit zum Schauaquarium. Hier kann er sich sein Exemplar aussuchen. Natürlich lässt sich mein Mann genau erklären, wie man so ein Krustentier ohne Verletzungsgefahr halten muss.

Zu Gast im Crab House

Dann hören wir aus der Küche erst den lauten Einsatz eines Beils und anschließend den siedenden Wok. Und was dann aufgetragen wird, übertrifft alle Erwartungen. Die Krebsteile sind appetitlich in Stücken zusammen mit Knoblauch, Ingwer und viel grünem Chili geschmort. Dazu gibt es Werkzeug wie Nussknacker, Hammer und verschieden gebogene Nadeln. Das schmeckt vielleicht, so haben wir uns unseren letzten Abend gewünscht. Unsere Begeisterung bleibt den chinesischen Gästen des Restaurants nicht verborgen. Nach und nach kommen sie an unseren Tisch und freuen sich, dass das chinesische Essen so gut schmeckt. Ein letztes Mal eine besondere Begegnung.

Das schmeckt.