Von Haven zu Hafen

Der Leuchtturmnahcbau "Kleiner Preuße" am Wremer Kutterhafen.

Reizvolle Ausblicke auf Leuchttürme und Ozeanriesen in der Wesermündung, Salzwiesen, Marschendörfer und kleine Museen kennzeichnen die Fahrradtour auf und hinter dem Seedeich von Bremerhaven nach Cuxhaven.

Mindestens zwei Tage sollte man sich für die Strecke Zeit lassen. Der internationale Containerhafen von Bremerhaven ist Ausgangspunkt. Über Wremen und Dorum geht es immer am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer entlang bis zum Hafen von Cuxhaven. Die Tour gilt auch als Geheimtipp unter Skatern. Natürlich kann man hier auch prima wandern.

Ein großer Teil der Strecke führt direkt am Wasser entlang.
Das Containerschiff Margarethe Maersk ist 399 Meter lang und kann 18340 Container laden.

Es ist schon etwas besonderes, morgens bei Sonnenaufgang im Containerhafen von Bremerhaven unterwegs zu sein. Wie Ameisen wuseln die hochrädrigen Van-Carrier durcheinander, holen und bringen Container von und zur Stromkaje. Hier liegen die Ozeanriesen, löschen und laden ihre Fracht. Gleich nebenan der Nordhafen mit Europas größtem Autoumschlag. Mit fast 100prozentiger Sicherheit liegt eines der riesigen Autotransportschiffe an der Pier. Bis zu 3000 Personenwagen bringen die Größten von ihnen nach Bremerhaven. Besonders gut kann man den Hafenbetrieb vom Container-Aussichtsturm zwischen Drehbrücke und Nordschleuse beobachten. Aus der Vogelperspektive hat man einen unvergleichlichen Blick über die Hafenaktivitäten. Hier steht man wirklich in der ersten Reihe: Im Vordergrund das Nadelöhr Drehbrücke. Mit Filigrantechnik bugsieren hier die Hafenschlepper die Autotransporter zentimetergenau ins Hafenbecken. Dahinter gleich die Lloyd-Werft. Mit etwas Glück liegt ein bekannter Kreuzliner im Trockendock. Ober das in Bremerhaven beheimatete Forschungsschiff „Polarstern“ wird gerade für eine neue Reise in die Antarktis ausgerüstet. Winzig klein wirken die großen Parkhäuser für die Neuwagen im Hintergrund des Terminals. „Autoregale“ werden sie von den Hafenarbeitern liebevoll genannt. Und so richtig Betrieb ist an der Stromkaje. Die Ausleger der Brücken sind fast alle heruntergeklappt, Container für Container verschwindet in den Bäuchen der Ozeanriesen.

Die Stromkaje des Bremerhavener Hafens.
Tickets für den Hafenbus gibt es online und in den Tourist-Info.

Tipp: Hafenbus

Im Doppeldecker durch die Überseehäfen und nebenbei Stadtrundfahrt entlang der Seemeile Bremerhaven

Der HafenBus fährt durch den Überseehafen, über das beeindruckende Container-Terminal, das Auto-Terminal und die Lloyd Werft im Norden der Stadt. Mit fachkundigen und küstenkuriosen Kommentaren sorgt der Führer für Informationen und Kurzweil während der Fahrt im Doppeldecker. Bei gutem Wetter bringt ein Platz auf dem offenen Oberdeck Cabriofeeling. Interessierten Urlaubern war bisher aus Sicherheitsgründen der Zugang zu diesen hochinteressanten, maritimen Betriebsgeländen verwehrt. Containerbrücken, Van-Carrier und Werftgelände sind einfach zu gefährlich. Doch dieses Problem wurde gelöst: Einer der faszinierendsten Bereiche des Hafens ist jetzt für jeden aus nächster Nähe zu bestaunen.

Hautnah können die Gäste im Hafenbus den Lade-Lösch-Betrieb im Hafen erleben.
Von der Containerplattform hat man einen guten Blick auf den Bremerhavener Hafen.

Tipp:

Die Containerplattform im Bremerhavener Hafen in der Steubenstraße zwischen Nordschleuse und Verbindungshafen ist ein echter Geheimtipp für alle hafenbegeisterten Urlauber und Einheimische. Die Plattform bestehend aus zwölf übereinander gesetzten 40 Fuß und 20 Fuß Containern und ermöglicht in rund 15 Metern Höhe einen Rundumblick auf den Container-Terminal, Auto-Terminal, Werft, Schleusen und das Kreuzfahrt-Terminal. Besonders interessant ist es, wenn gerade ein riesiger Autotransporter von den Schleppern millimetergenau in die Schleusenkammer bugsiert wird. Fast auf Augenhöhe kann man dann den Seeleuten an Bord zuwinken.

Im Bremerhavener Hafen

Kormorane
Um den Ochsenturm ranken sich einige Legenden.

Wir verlassen den Zollbereich am Nordtor. Hier beginnt der gemütliche Teil des ersten Streckenabschnitts. Im kleinen Örtchen Weddewarden führt der ausgewiesene Fahrradweg über die Brücke des Grauwallkanals und anschließend gleich linke Hand in Richtung Weserdeich. Weitsicht in jeder Hinsicht. Links der Containerhafen, vor uns die Weser und rechte Hand beginnt das Wurster Watt. Nach kurzer Rast auf der Bank direkt an der Deichauffahrt führt jetzt unsere Strecke auf dem Deichverteidigungsweg entlang. Ein markanter, viereckiger Turm gleich hinter dem Deich fällt auf. Der Ochsenturm ist ein Wahrzeichen des Ortes Imsum. Er ist das Einzige, was im Laufe der Jahrhunderte von der Kirche, um die sich einige Legenden ranken, übrig blieb. Die Aussichtsplattform bietet einen weiten Blick über die Wesermündung und das umliegende Marschenland.

Satte Weiden mit grasenden Kühen sind ab jetzt die einzigen Begleiter. Im Herbst auch manchmal Rodeo: Die Landwirte dürfen dann für das Jungvieh den Deich als Weide nutzen und sperren Teile des Weges ab. Beim Durchfahren kommt es immer zu netten Zwischenfällen. Wer schon einmal vor einem Jungbullen geflohen ist oder sich erst gar nicht in seine Nähe wagte, kann ein Lied davon singen. Außerdem ist in dieser Jahreszeit der asphaltierte und sonst gut befahrbare Weg zum Hindernisparcours geworden. Ein Kuhfladen am anderen. Und wenn es dann noch geregnet hat…

Manchmal benötigt man auf dem Wurster Deich auch Rodeoerfahrung!

Häufig kann man an der Wurster Nordseeküste Störche beobachten.

Wremen kommt in Sicht. Das Nordseebad hat rund 2000 Einwohner und bietet eine gute touristische Infrastruktur. Auf unserem Weg zum kleinen Kutterhafen passieren wir das Gästezentrum hinter dem Deich. Hier ist man Radfahrern gern behilflich, eine geeignete Unterkunft zu suchen.

Manchmal hat man auch das Glück, unsere heimischen Weißstörche zu sehen. Gar nicht scheu folgen sie häufig den Traktoren der Landwirte bei der Heuernte. Da fällt immer ein Leckerbissen ab.

Eine der wenigen Steigungen über den Deich und dann hat man den malerischen Kutterhafen von Wremen vor sich liegen. Links das Strandgelände mit Campingplatz und direkt an der Nordseite der Pier das Wahrzeichen des kleinen Küstenortes: der Leuchtturmnachbau „Kleiner Preuße“. Leuchtturmwärter Uwe Frischkorn geht als alter Fahrensmann ganz und gar in seinem Ehrenamt auf und bereut Turm sowie Gäste gleichermaßen. Natürlich hat er immer ein bisschen Seemannsgarn für die Binnenländer parat. Weit reicht der Blick von der Leuchtturmplattform über das Watt und die Wesermündung. Besonders aufregend, wenn gerade ein großes Containerschiff hautnah vorbeifährt.

Kutterhafen Wremen mit dem Kleinen Preußen

Kleiner Preuße

Tipp: Krabben direkt vom Kutter

Wenn die Kutterflotte gerade in die kleinen Sielhäfen (Wremen, Dorum, Spieka) an der Wurster Küste einläuft, sollte man unbedingt die fangfrischen Krabben probieren. Per Litermaß in einen Plastikbeutel abgefüllt kann man die Delikatesse direkt von der Kutterbesatzung kaufen.

Anschließend in der Sonne sitzen, die Beine ins Hafenbecken baumeln lassen und dann fehlt noch der richtige „Dreh“. Granat – so heißt die Nordseekrabbe an der Küste - muss nämlich noch „gepult“ werden. Den richtigen Dreh hat man schnell heraus. Und dann schmecken die kleinen Krabben von der Hand in den Mund so richtig gut. Natürlich kann man auch in den Fischgeschäften in Wremen, Dorum und Spieka fangfrische Granat kaufen.

Kleine Delikatesse aus dem Meer





Und jetzt wird es romantisch – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Sonnenuntergang am Deich ist das Stichwort. Wenn die Priele golden mäandern, das dunkle Watt sich vom blutroten Abendhimmel abhebt und die Watvögel langsam zur Ruhe kommen, dann ist eigentlich die schönste Zeit im kleinen Hafen von Wremen. Wir haben oben auf der Deichbank Mal wieder den Platz in der ersten Reihe.

Blick vom Wremer Deich

Der Leuchtturm Obereversand im Watt am Dorumer Tief.



Es geht weiter gen Norden. Erst im Windschatten des Deiches, führt uns die Radwegekarte der Wurster Kurverwaltung bei Solthörn direkt an die Wattkante des Nationalparks. Herrlich. Fast hat man das Gefühl, mit Wind und Meer eins zu sein. Bereits hier fällt das alles überragende, schwarze Bauwerk weiter im Norden auf. Der Leuchtturm Obereversand führt uns direkt nach Dorum-Neufeld. Auch hier gibt es wieder einen kleinen Kutterhafen. Das bunte Treiben rund um das Hafenbecken, Strand und Wellen-Freibad zeigt, dass man hier gerne Urlaub macht. Klar, dass jetzt ein Schwimmbandbesuch mehr als willkommen ist.

Aber Dorum-Neufeld hält noch andere Attraktionen bereit. Das Thema Nationalpark kann man hier rundherum beleuchten. Die Mitarbeiter des Wurster Nationalpark-Hauses erläutern den „Sehleuten“ alles Wissenswerte rund um Watt und Meer. Genauso spannend ist eine geführte Wattwanderung, die natürlich nur bei Ebbe stattfinden kann. „Der Wattwurm sieht ja aus, wie meinem Papa seine Kettensäge“, wundert sich ein Urlauberpöks neben mir.
Nicht entgehen lassen sollte man sich auch den Besuch des Leuchtturms an der Hafeneinfahrt. Der markante Eisenturm stand ursprünglich im alten Weserarm und leitete zusammen mit seinem kleine Bruder Untereversand die Schiffe nach Bremerhaven. Nach Verlegung des Fahrwassers geriet des Leuchtfeuer fast in Vergessenheit und fiel in einen Dornröschenschlaf. Im Jahr 2004 wurde der Leuchtturm in einer spektakulären Versetzungsaktion nach Dorum verbracht und ist heute längst zum Wahrzeichen der Küstengemeinde geworden. Da die ursprüngliche Einrichtung erhalten und restauriert wurde, lohnt sich die Besteigung des Turms auf jeden Fall. So bekommt man einen guten Eindruck der Lebens- und Arbeitsbedingung der Leuchtturmwärter vor hundert Jahren. Und der Blick über das Wattenmeer ist natürlich umwerfend!

Die Innerneinrichtung des Leuchtturms Obereversand

Die "Alte Liebe" in Cuxhaven






Die letzte Etappe führt nach Cuxhaven. Aber zuerst wagen wir in Cappel-Neufeld noch einen Blick über den Deich.


Vorbei am Eichenkrattwald und dem Salzwiesenprojekt bei Berensch führt unsere Strecke jetzt direkt an der Küstenlinie entlang. Hier kann man auch als Laie sofort erkennen, wie ein „Neufeld“ zustande kommt. Auch heute noch ist entlang der Wurster Deichlinie der Küstenschutz ein wichtiges Thema. Deichverbände kümmern sich um die einzelnen Abschnitte und sorgen für die Deichsicherheit.

Vorbei am Wernerwald und dem berühmten Cuxhavener Sandstrand erreichen wir am frühen Nachmittag dann eines der Wahrzeichen Cuxhavens, die Kugelbake.

Die mächtige, knapp 30 Meter hohe Holzkonstruktion, erreichbar über einen 250 Meter langen Wellenbrecher, gehört noch immer zu den markanten Bauwerken an der Elbmündung, obgleich sie heute ihre ursprüngliche Bedeutung als wichtige Orientierungs- und Navigationsmarke für die Schifffahrt verloren hat. Heute markiert sie den geografischen Punkt, an dem die Elbe endet. Alte Quellen belegen übrigens, dass im Mittelalter alle Seezeichen als "Baken" bezeichnet wurden, sogar Kirchtürme oder Leuchttürme.